Das Alter als Feind ... ein Krieg, den wir verlieren.

Das Alter als Feind … ein Krieg, den wir verlieren.

Ich weiss ja nicht, wie es Ihnen geht, wenn sie sich entschliessen, ihren Kleiderschrank wieder etwas aufzupeppen. Ich stehe im Moment vor vielen «Dos and Don’ts»-Zwiegesprächen mit mir selbst bei diesem Vorhaben.

Mit 40 Jahren hatte ich ein einschneidendes Erlebnis, das sich in meinem Kopf fest verankert hat. Zusammen mit vier Freundinnen zelebrierte ich die Streetparade, damals waren das drei Tage durchfeiern. An einer der Outdoor-Partys standen wir kichernd und tanzend zusammen, als ich von weitem einen Mann quer durch den Rosenhof auf uns zu springen sah, freudig erregt. Vielleicht muss ich hier noch erwähnen, dass wir fünf Frauen alle 1.77 m gross sind. Dass wir uns stilsicher herausgeputzt hatten, muss ich hier ja wohl nicht erwähnen. Mit anderen Worten: Wir fielen auf.
Zurück zu dem Mann, der sich, je näher er uns kam, als Endpupertierender zu erkennen gab. Ihm schien es mit seiner Erkenntnis uns gegenüber genauso zu gehen. Seine Schritte wurden mit jedem Meter Nähe zu uns langsamer. Schliesslich stand er mit aufgerissenen Augen vor uns und sagte: «Jesses, sind ihr alt!» Natürlich konterte ich schlagfertig, worauf ich hier allerdings nicht näher eingehe. Nach einem Wortwechsel war sein Gesichtsausdruck wieder freudig erregt und es brauchte einiges an Fingerspitzengefühl, um ihn wieder loszuwerden. Dieser Episode folgten Lachkrämpfe und noch heute schiessen uns die Tränen in die Augen, wenn wir daran erinnert werden.

Bei mir löste dieses Erlebnis aber auch grundsätzliche Fragen aus. Will ich von weitem aussehen wie ein junges Mädchen? Wenn ja, dann kann ich hier den Text beenden. Und falls nicht, was wäre dann zu tun? Seit 17 Jahren taste ich mich mit dieser Fragestellung durch mein Erscheinungsbild. Nein, ich will von weitem nicht aussehen wie ein junges Mädchen, ich will erkannt werden für das, was ich bin. Eine immer reifer werdende Frau, die sich sexy und attraktiv findet und selbstbewusst ist. Mein erster Schritt zu meinem Statement waren die silbernen Haare. Dafür dürfen sie lang sein!

Es ist ein schwieriger Akt, den goldenen Weg zu finden zwischen dem inneren Empfinden und der äusseren Erscheinung. Schliesse ich die Augen, dann fühle ich mich so wie schon mein ganzes Leben. Man kann das jung nennen, ich weiss es nicht, eigentlich auch egal, eben halt so wie schon immer. Die Wahrnehmung von mir selbst hat sich nicht verändert von gut zu schlecht. Im Gegenteil, es änderte sich von mässig zu super. Öffne ich nun die Augen und sehe mich an, dann sehe ich die äussere Veränderung. Alt wird ja bekanntlich mit schlecht in Verbindung gebracht. Muss ich mich jetzt schlecht fühlen? Nein, ich fühle mich innerlich reich. Meine äusserliche Veränderung begleite und unterstütze ich mit Würde, Demut und Liebe bis hin zum Verfall … jetzt muss ich schmunzeln … das klingt alles sehr, sehr dramatisch. Das ist es natürlich nicht! Es ist einfach eine Tatsache. Das sind die Spielregeln des Lebens, für alle. Das Beste ist, dem Alter nicht den Kampf anzusagen, denn diesen würden wir verlieren.

Nun gut, ich stehe also zu meinem Alter. Verwaschene Latzhosen, bauchfreie Tops und Hot Pants sind No-Gos. Wie kleide ich mich, dass ich mir treu bleibe? Ich suche nach Vorbildern. Fündig werde ich Jahrzehnte zurück bei Audrey Hepburn. Sie war für mich schon immer eine Ikone bis ins hohe Alter. Da gab es noch diese Doku über eine 70-jährige Balletttänzerin, ihr Bild hat sich mir eingeprägt, ich fand sie wunderschön. Und die alte, stolze Indianerin, war sie nicht die Mutter von Winnetou? Je länger ich suche, desto klarer wird meine Vorstellung einer schönen alternden Frau. Was alle diese Frauen gemeinsam hatten, war ihre anmutige Haltung, die Art wie sie sich bewegten und das Würdevolle, das sie ausstrahlten. Keine von ihnen schien mit dem Alterungsprozess zu hadern. Ganz ehrlich? Sehe ich Menschen mit dem Alter kämpfen, dann empfinde ich das als unattraktiv, aber das ist meine persönliche Wahrnehmung.

Je ehrlicher ich mich mit diesem Thema auseinandersetze, desto sekundärer werden Fashion-Trends, ich hinterfrage nicht, warum die Bauarbeiter mir nicht mehr hinterher pfeifen und wenn mich junge Menschen mit Sie ansprechen, dann muss ich innerlich schmunzeln … Sind das Zeichen, dass ich älter werde? Ja und da ist nichts falsch daran. Einer attraktiven, reifen Frau pfeift man auch nicht hinterher, oder? Dazu strahlt sie zu viel Würde aus ; ))

In diesem Sinne,
herzlich Helen

Die Oberfläche interessiert mich, vorallem wenn man dran kratzen kann.
Ich liebe es, Dinge zu hinterfragen, die Komfortzone zu verlassen, neue Türen zu öffnen und authentisch, bewusst und empathisch durchs Leben zu gehen. Als Künstlerin gebe ich weissen Flächen Lebendigkeit, als Fotomodel gebe ich Dingen ein Image, als Hair & MakeUp Artistin lasse ich Gesichter strahlen und als Trainerin für Körperhaltung & Tiefenmuskulatur fördere ich die Ausstrahlung und Gesundheit vieler Menschen.
Meine Töchter bezeichnen mich als modernen, inspirierenden, eleganten Hippie, der das Leben spüren will und sich voll und ganz hineingibt.

Dani M. sagt:

schön geschrieben liebe helen:-)… an manchen tagen kann ich das älter werden besser akzeptieren und an anderen steht mir das alter auf die stirn geschrieben. meisstens dann, wenn mir alles weh tut. aber ja, den kampf verliert man auf jeden fall, wenn man sich dagegen auflehnt… deshalb tief durchatmen und versuchen jeden tag so zu nehmen wie er kommt😉(wenigstens kommt er noch….😛)

Anita Schuler Rasch sagt:

Sehr gut und interessant geschrieben. Gefällt mir, thesilvermagazine.
Helen, warte noch ab – auf einmal bieten dir im Tram Junge ihren Platz zum Sitzen an. Im ersten Moment gibt‘s dir schon zu denken ….. Aber, gesund zu altern ist schön – wie man fit bleibt, das wissen wir ja – Cantienica – ist das Zauberwort. Alles Beste

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