One Night @… The Chedi Andermatt

One Night @… The Chedi Andermatt

Unsere Blogger beurteilen Häuser, die es verdienen – einfach, erfrischend, ehrlich. Reisereporter Matthias Mächler war im The Chedi Andermatt.

 

Matthias, ist das «Chedi» so gut wie sein Ruf?
Vermutlich sogar noch besser. Dieser Alpentempel sprengt ganz einfach alle Dimensionen des Vorstellbaren. Nur schon architektonisch bezirzt er auf Schritt und Tritt – und wirkt dabei unglaublich frisch, auf elegante Weise jung und betörend weltgewandt.

Was war die grösste Überraschung?
Die Herzlichkeit des Personals. Ich hab noch nicht durchschaut, wie die das machen, aber die Leute da begegnen einem gewitzt und auf Augenhöhe und erkennen dennoch empathisch die Neigungen und Wünsche ihrer Gäste. Ganz krass!

Was hat Dir weniger gefallen?
Es ist schwierig, im «Chedi» ein Haar in der Suppe zu finden. Aus Sicht des Nicht-Millionärs sind es am ehesten die Preise (obwohl sie durchaus nachvollziehbar sind). Und klar: Der Aussenpool könnte grösser sein, die sechs Liegestühle waren dauerbesetzt. Dafür gab es drinnen umso mehr Platz – in stilvollen Logen am Pool.

 

Was für Leute gehen ins Chedi?
Zu beinahe 60 Prozent Schweizer, sonst vor allem Deutsche und Nordländer, immer mehr auch Briten. Kaum Asiaten, kaum Araber. Bei unserem Besuch während der Sommerferien hatte es erstaunlich viele junge Familien.

Wer kommt im Chedi besonders auf die Rechnung?
Es gibt Leute, die mögen Hotelketten, weil sie sich im Gewohnten daheim fühlen und ihre Spezialwünsche im System hinterlegt sind. Das «Chedi» ist anders: Es spricht Leute an, die sich von Überraschungen inspirieren lassen. Es fordert ein wenig Auseinandersetzung: Man muss sich schon für Neues interessieren.

Wie hast Du geschlafen?
Grandios! Ich kannte die Hästens-Betten vorher nicht, obwohl sie weltberühmt sind. Jetzt träume ich von diesen handgefertigten schwedischen Schlafwolken und möchte selber eine. Ausserdem sind die Zimmer gut isoliert, also ruhig, und mit 60 Quadratmetern riesig. Im Bad lässt das Licht einen zehn Jahre jünger aussehen, das Cheminée entfacht man über das iPad, und man könnte sich auch auf Sitzkissen, Bänken oder in der freistehenden Badewanne ausruhen. Aber eben: Da thront ein über zwei Meter breites Hästens-Bett…

 

 

Und das Essen? Überkandidelt? Überteuert?
Wenn ich ein allerletztes asiatisches Mahl wählen dürfte, ich ginge zurück in «The Japanese»: Die Reise, auf die man sich hier begibt, ist – so abgedroschen das jetzt klingen mag – ein zweistündiger Sinnesrausch. Sorgfältig präparierte Kunstwerke verführen die Augen, überraschende Düfte die Nase, unglaublich differenzierte Geschmäcker den Gaumen. Ganz grosses Kino! Besonders, wenn das muntere Personal einem den richtigen Sake zum jeweiligen Gang ausschenkt und die Zusammenhänge auch richtig gut und unterhaltsam erklären kann.

 

Wie ist der Unterhaltungswert des «Chedi», hat man es irgendwann gesehen?
Für das müsste ich länger hin… Auf mich wirkte das Hotel wie ein spannender Mensch, dem man zunehmend noch mehr verfällt. Weil das Besondere an ihm echt ist, und weil er immer noch eine Überraschung auspackt, eine ungeahnte Seite preisgibt, eine gute Geschichte erzählt.

Womit hättest Du noch lange spielen können?
Mit dem Morgan! Das traumhafte Oldtimer-Replika kann man stundenweise mieten oder für einen halben Tag – inklusive Picknickkorb. Auf den Serpentinen Richtung Gotthard sorgt der Morgan für so viel Sympathien, dass einem selbst die Velofahrer zuwinken. Und er ist ganz einfach toll zu fahren.

 

Muss man in den Spa oder kann man ihn sich sparen?
Ich bin nicht so der Spa-Typ und auch kein Schwimmer, der die Länge des Indoor-Pools zu schätzen weiss. Doch das unterste der drei Spa-Stockwerke hat es auch mir angetan: In dieser modern-asiatischen Bäder-Tempelanlage sorgen neben Dampfbädern und Saunen drei verschieden heisse Badebecken und coole rote Lederliegenischen dafür, dass man innert Kürze vollkommen entspannt.

Was kann Andermatt sonst noch?
Wer nur eine Nacht im «Chedi» verbringt, verpasst eher was, wenn er das «Chedi» verlässt – obwohl Andermatt ein nettes, traditionelles Dorf ist und die Bergwelt rundherum wild und vielseitig.

Wem würdest Du The Chedi Andermatt empfehlen? Wem nicht?
Sowieso empfehle ich es für einen Kaffee samt Spaziergang durch diese grandiose Kulisse: Das nette Personal führt Neugierige gern auch kurz herum. Auch «The Restaurant» lohnt sich, es ist so urban, dass man sich mitten in New York wähnt. Übernachtungen setzen ein gewisses Budget voraus – wobei «One night in The Chedi Andermatt»  etwas ist, das man als Liebhaber aussergewöhnlicher Hotels einmal im Leben gemacht haben sollte. Ein wirklich grossartiges Erlebnis!

Und was kostet der Spass?
Mit etwas Glück ergattert man als Frühbucher ein Zimmer für 750 Franken. Spontanere Gäste bezahlen 1000 bis 1200 Franken die Nacht. Das ist viel Geld – doch man erhält dafür Erinnerungen für die Ewigkeit.

Dein Fazit für Ü50er?
Gehet hin und lasst Euch inspirieren! Und geniesst es, dass man sich im «Chedi» auf magische Weise immer ein wenig jünger fühlt, als man ist!

Manchmal wird man vom Glück geküsst: Bei mir geschah dies auf der Redaktion der Schweizer Familie, die sich in den Neunzigern als Reportage-Magazin verstand und uns jungen Wilden mit besten Fotografen und lustigen Themen um die Welt schickte. Später wurde ich Reisereporter und Kolumnist bei der annabelle, bevor ich den Sprung in die Selbstständigkeit wagte – und mich das Glück abermals knutschte: Für meine Geschichten wurde ich mit dem Swiss Text Award und den Swiss Media Award ausgezeichnet.

Das schien mir der richtige Moment, um mir ein Mahnmal gegen meine Selbstzweifel anzuschaffen. Ich betrat ein Uhrengeschäft, und sofort war da dieser Reflex: die Faszination von Altem, Gebrauchtem. Von Dingen mit Geschichte. Die Verkäuferin redete mir die 1970er Vintage-IWC mit dem hellblauen Zifferblatt wieder aus: «Wenn es Ihre erste Uhr ist, fahren Sie mit einem Klassiker besser; sparen Sie sich die Eskapaden für später.» Die silbrig-schwarze Rolex Datejust, die ich heimtrug, stellte Erstaunliches mit mir an: Ich verfiel dem Wesen Uhr grundsätzlich, verschlang Bücher, abonnierte Magazine, recherchierte mich durchs Netz, blieb an Schaufenstern kleben und schaute selbst einer attraktiven Frau statt in die Augen fast lieber aufs Handgelenk.

Seit nunmehr über zehn Jahren verantworte ich unter anderem das beyond Magazin der Beyer Chronometrie, für das ich die Grossen der Branche interviewe, mindestens so fasziniert bin vom unglaublichen Können einfacher Uhrmacher und mich ganz grundsätzlich mit den Facetten der Zeit auseinandersetze. Davon berichte ich auf dieser Plattform – und wage zwischendurch einen anekdotischen Zeitsprung zurück in die Welt von damals, als man als Reporter noch richtige Abenteuer erleben durfte.

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