Geschüttelt und Gerührt

Geschüttelt und Gerührt

Wer meine Social Media Feeds und Stories anschaut, könnte leicht auf den Gedanken kommen, ich sei schwere Alkoholikerin. Denn am allerliebsten poste ich Drinks. Wo immer ich hingehe, in welcher Stimmung auch immer und gerne auch zuhause. Cocktails stehen für Genuss, Spass, Style und Ästhetik: Für alles, was das Leben ein bisschen lebenswerter macht.

Cocktails sind auch Kulinarik, denn die Zubereitung eines Drinks ist – vergleichbar mit der Zubereitung einer frischen Mahlzeit – mit mehr Aufwand verbunden, als nur eine Flasche zu öffnen. Oder eine Fertigpizza in den Ofen zu schieben. Und es gibt unendlich viele Geschmackskombinationen!

Natürlich bin ich auch dem leichten Schwips nicht abgeneigt: Jede*r, der Alkohol konsumiert, mag den Schwips. Wer etwas anderes behauptet, lügt. Aber wem es nur um den Rausch geht, kann auch ein schnelles Glas Champagner oder einen Schnaps trinken; mir geht es beim Trinken aber primär um das Lebensgefühl, das besonders Cocktails vermitteln. Ich hatte schon in meiner Eis-Story davon erzählt, dass meine Eltern Cocktail-Pioniere waren. Sie mixten gerne und oft abenteuerliche, starke und in den 70ern beliebte Tiki Drinks wie Zombie oder Mai Tai. Und waren immer gut gelaunt dabei. Die exotischen Zutaten dazu bekam man damals in einem Spezialgeschäft beim Bleicherweg (den Namen habe ich vergessen), wohin ich meine Mutter oft begleitete. Die typischen Tiki-Keramikbecher klauten sie wohl im Outpost-Mövenpick beim Zoo, damals ein richtig cooles Americanstyle Steakhouse mit Bar. Oder vielleicht kauften sie sie auch, aber in meiner Vorstellung liessen sie die mitlaufen.

Weil ja besonders auf Reisen und in den Ferien ausgiebig gefeiert wird, nehme ich jeweils von schönen Destinationen oder Anlässen Drinkrezepte als Souvenirs mit: Meine persönliche Sammlung hat inzwischen unübersichtliche Dimensionen angenommen. Ich frage überall immer zuerst nach der Cocktailkarte. Daran zeigt sich die Ambition jeder Bar, analog zur schön kuratierten Weinkarte eines Restaurants. Eine gepflegte, aufs kulinarische Angebot abgestimmte Cocktailkarte ist für mich die Visitenkarte eines Betriebs, denn die Umsetzung der Drinks verlangt vom Barpersonal einige Zusatzkenntnisse, spezielles Equipment und diverse Zutaten.

Wenn mir ein Drink besonders gefällt, frage ich nach dem Rezept. Oder bestelle einen zweiten und schaue dem Mixologen genau auf die Finger und mache mir Notizen.

 

Am gemeinsam gefeierten 50. Geburtstag 2017 standen für mich und meinen Mann denn auch Cocktails im Vordergrund; obwohl er eigentlich ein Weintrinker ist, hat mein Liebster mir einen Traum erfüllt: Eine oldschool Cocktailparty, mit drei verschiedenen Midcentury-Style-Bars, an denen jeweils ein Signature Drink frisch gemixt wurde. Dazu wurden passende Happen serviert. Wein und Champagner gab es natürlich auch…

Mein Interesse am Mixen ist vergleichbar mit meiner Liebe zum Kochen: Ich habe bei beidem jeweils genau im Kopf, wie das Resultat schmecken und aussehen soll und versuche das dann möglichst akkurat zu realisieren. Als Inspiration dient mir dabei nebst Barbesuchen oder Reisen vor allem Instagram, wo ich diversen Food- und Drink-Seiten folge.

Während ich das Kochen seit vielen Jahren fast täglich im Alltag praktiziere, ist das Mixen den Wochenenden vorbehalten. Das käme sonst nicht gut… Ernsthaft angefangen habe ich mit diesem «Hobby» (wenn das zählt?) vor etwa fünf Jahren, als langsam auch in der Schweiz eine Cocktailkultur aufkam und das Zubehör einfacher erhältlich wurde. Nur in der hiesigen Gastronomie dauerte es noch, bis sich halbwegs anständige Drinks zu etablieren begannen. Ausnahme waren immer schon die 5-Sterne-Hotelbars: Dort muss für die internationale Klientel ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stehen. Hotels wie das Baur au Lac oder dessen moderner Nachbar Park Hyatt in Zürich zum Beispiel waren und sind Anlaufstellen für gepflegten Cocktailgenuss. In der legendären Kronenhalle-Bar wurden berühmte Cocktails erschaffen, und sie ist nicht nur wegen der Kunst und der beeindruckenden Innenarchitektur eine meiner Lieblingsbars in Zürich.

In den letzten Jahren eröffneten in Zürich zu meiner Freude eine Vielzahl an grossartigen kleinen Cocktailbars, besonders in den Kreisen 3, 4 und 5: Der Trend ist definitiv nicht mehr aufzuhalten.

Mit fällt es schwer, Favoriten zu nennen, da ich immer wieder Neues entdecke und auch saisonale «Phasen» durchlebe; aber die drei unten aufgeführten Drinks sind über die Jahre sicher die am häufigsten getrunkenen, was ich in der Bestell-Historie bei meinem Lieblings-Online-Shop Drinks.ch sehen kann.

Meine drei Lieblingsrezepte

«Skinny» Margarita

Bei hippen amerikanischen Freunden in Sausalito bekam ich die beste Margarita meines Lebens serviert (ich dachte immer, keinen Tequila zu mögen, weil ich offensichtlich noch nie eine GUTE Margarita getrunken hatte!). Sie war von der skinny Sorte, was heisst: Kein zusätzlicher Zucker oder Agavensirup, sondern nur die drei puren Grundzutaten: Limette, Tequila und Cointreau! Nichts für Aperol-Spritz-Trinker!

So geht’s:

6 cl Tequila (Meine Favoriten: Sauza fresh blue agave, Espolon blanco oder Patron Silver)

3 cl frisch gepressten Limettensaft

3 cl Cointreau (oder anderen Triple Sec / Orangenlikör)

Alles mit viel Eis kräftig shaken und in ein gut gekühltes Glas sieben. Die Margarita soll eine blassgelb-grünliche, milchige Farbe annehmen. Mit einer Limettenscheibe garnieren. Ich mag den (durchaus umstrittenen) Salzrand nicht, lasse den drum weg.

 

Henri Cocktail (Signature Drink der Henri Hotels)

Diese Variation eines New York Sours (mit Rum statt Bourbon) habe ich 2017 im Hamburger Henri Hotel als Welcome Drink erhalten und war verliebt!

4cl Sailor Jerrys Spiced Rum

4cl frischer Zitronensaft (NICHT Limette)

2cl Zuckersirup (Monin o.ä.)

Alles mit viel Eis shaken und in ein gekühltes, mit frischem Eis gefülltes Glas sieben.

Und jetzt das Wichtigste, das Garnish:

2 cl fruchtigen Rotwein mit schöner Farbe (z.B. Grenache) vorsichtig als Float auf den Drink giessen. Das geht am besten, wenn man den Wein ganz langsam über einen Löffelrücken ins Glas giesst. Fertig!

 

Porn Star Martini (oft auch unverfänglicher genannt… aber das Original heisst nun mal so!)

6 cl Vanille Vodka

2 cl frisch gepressten Limettensaft

4 cl Passionsfruchtpüree

Alles mit viel Eis shaken und in ein gekühltes Martiniglas sieben. Mit einer halben Passionsfrucht garnieren.

Wichtig: 1 Shotglas Champagner oder Cava dazu servieren. Dieses kann separat getrunken oder in den Drink gekippt werden. Ich mag beides!

 

Tipps und Empfehlungen

Mikks

Das Zürcher Start-up Mikks war mit seinen aus 100% natürlichen Zutaten hergestellten Mixern ab 2017 der Katalysator für die aufkommende Cocktailkultur in der Schweiz, denn die Produkte ermöglichen Bars und Restaurants, aber auch Privaten, ohne viel Aufwand unkomplizierte und vor allem qualitativ und geschmacklich recht überzeugende Drinks zu mixen. Mich ärgert bis heute, dass nicht ich diese Idee hatte…

Turicum Gin Lab

Für die gepflegte drink-local-Cocktailkultur stellt Turicum – die einzige Gin Destillerie auf Stadtzürcher Boden – ausgezeichnete Gins, aber auch einen Gin-infused Vodka her. Beide Spirituosen bieten die perfekte Grundlage für interessante Drink-Kreationen. In meinen Negroni kommt am liebsten der klassische London Dry Gin von Turicum. Im Gin Lab kann man auch seinen eigenen Gin herstellen.

 

Cocktail Masterclasses by Hercules Tsibis @ Onyx Bar (Park Hyatt Zürich)

Ich durfte im Zürcher Park Hyatt Hotel einen umfassenden Cocktail Kurs mit dem bekannten Master Mixologist und Bar Manager der Onyx Bar, Hercules Tsibis, besuchen: Ich dachte, schon sehr viel zu wissen, konnte aber viel Neues lernen. Und dank des Humors und der charmanten Persönlichkeit von Hercules war der Abend nicht nur lehrreich, sondern auch überaus unterhaltsam. Ich kann den Kurs allen, die professionell mixen lernen wollen, wärmstens empfehlen. Und zwar für jedes Niveau, denn von Hercules kann jede*r noch etwas lernen! Aber auch blutige Anfänger*innen werden von ihm geduldig in die Basics eingeführt. Für Gruppen von 2-30 Personen kann individuell gebucht werden, auf Wunsch wird der Workshop auch mit Häppchen begleitet, damit der Genuss nicht zu kurz kommt. Unbedingt mit ÖV anreisen, Hercules ist sehr grosszügig!

Alle Informationen auf der Website des Park Hyatt Zürich

In Zürich geboren und aufgewachsen, habe ich zunächst Japanologie studiert, und als mir das Japanisch Lernen nicht schnell genug ging, wanderte ich Ende der 80er Jahre nach Tokio aus, wo ich schliesslich heiratete, 2 Kinder bekam und 10 Jahre lebte. 1997 kehrte ich mit den Kindern in die Schweiz zurück und lebe seit 2003 mit meinem jetzigen Mann und dem gemeinsamen Sohn wieder in der Stadt Zürich.
Aus Interesse für das Reisen absolvierte ich eine Zusatzausbildung in Tourismusmarketing, war Kommunikationschefin eines japanischen Kosmetikunternehmens und arbeitete in verschiedenen PR-Agenturen, wo ich hauptsächlich Beauty-, Lifestyle- und Modemandate betreute. Heute organisiere ich Ärztekongresse, habe mir aber die Begeisterung für Beautythemen, Japan, Reisen und das Schreiben bewahrt. Zudem esse, trinke, koche und mixe ich mit Leidenschaft, Exotisches ebenso wie Bodenständiges. Ich liebe die Popkultur, und das ist mir kein bisschen peinlich.

Andy Hostettler sagt:

Und ich bin so ein einfältiger Whisky-Nerd.
Gleichwohl, vielleicht kannst Du das ja mal insofern Deinen Freundinnen und Freunden noch näher bringen, als dass sich daraus ein kleiner Event machen liesse. Ich würde dann eine Auswahl Zigarren aus meinem Geschäft mitnehmen und wir schauen dann, welche am besten zu Deinen Cocktails passt. Vielen Dank für diesen inspirierenden Artikel!! Andy

Kathrin sagt:

Danke lieber Andy! 😊

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