Darf es zur Abwechslung mal was anderes sein? Neue Impulse für die tägliche Arbeit

Darf es zur Abwechslung mal was anderes sein? Neue Impulse für die tägliche Arbeit.

Die Kinder aus dem Haus, den Job im Griff: Für viele Frauen stellt sich mit fortgeschrittenem Alter die grundlegende Frage nach der beruflichen Zukunft neu. Wie soll und kann es in den nächsten Jahren weitergehen? Ewig der gleiche Trott? Oder gibt es noch neue Ziele, neue Ideen und Herausforderungen? Auch ich stellte mir diese Frage mit Anfang 50 und hielt nach neuen Horizonten innerhalb meines Unternehmens Ausschau. Doch zunächst einmal machte ich eine Bestandsaufnahme.

Tipp Nr. 1: Sichtet Eure Kompetenzen und Erfahrungen.
Stellt Euch vor, Ihr tragt einen Korb gefüllt mit allerlei Kostbarkeiten. Die einen sichtbar offen, andere gut verpackt in wertvolles Papier. Diese Preziosen sind all Eure Kompetenzen und Fähigkeiten, die Ihr im Laufe Eures Privat- und Berufslebens entwickelt habt. Eure Qualifikationen, Euer Erfahrungswissen, Eure sozialen Fähigkeiten, Eure Interessen. Die Menschen in Eurem beruflichen Umfeld kennen einige dieser Kostbarkeiten, aber längst nicht alle. Und um ehrlich zu sein: Sie interessieren sich auch nicht grossartig für Eure versteckten Talente – denn schliesslich seid Ihr 50plus.
Aber Ihr wisst: In Eurem Korb steckt jede Menge Potential.
Stellt Euch nun die Fragen: Welche dieser Kostbarkeiten möchte ich in den nächsten Monaten stärker leben? Wer soll der Nutzniesser davon sein? Wo finde ich diese Menschen? Wie kann ich mein Netzwerk nutzen?

Tipp Nr. 2: Anklopfen statt Warten – es lohnt sich!
Auch ich musste mir Gedanken machen, wo und wie ich meine schlummernden Talente einsetzen könnte. Im Frühjahr 2018 las ich in unseren Unternehmens-News einer Coaching-Initiative für Frauen: GROW2GLOW. Von acht Kolleg:innen ins Leben gerufen. Das Konzept war einfach: Qualifizierte Coaches unterstützen Frauen in unserem Unternehmen in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung. Ich war wie elektrisiert. Da musste ich hin! Dort wollte ich meine Coachingkompetenz und meine Erfahrung als Vollzeit arbeitende Mutter einbringen. Vorsichtig klopfte ich bei der Leiterin an – und wurde mit offenen Armen empfangen. Seitdem habe ich eine ganze Reihe von Frauen ein Stück ihres beruflichen Weges begleiten dürfen – etwas, was mich auch heute noch mit tiefer Befriedigung erfüllt. Ich kann meine Kompetenzen einbringen und lerne selbst bei jedem Coaching dazu. Nicht nur das: Unsere Initiative funktionierte nach ganz anderen Spielregeln als ich sie bis dato kannte. Weisungsbefugnis wurde durch persönliche Verantwortungsübernahme ersetzt, formale Macht durch Wirkungsmächtigkeit, und statt endloser Debatten probierten wir manche Dinge einfach mal aus.

Im Zusammenspiel mit neuen Kolleginnen lernte ich eine neue Art von Zusammenarbeit und Führung kennen und konnte so ganz nebenbei auch noch mein Social Media Knowhow ausbauen.

In vielen Unternehmen gibt es Gruppen von Menschen, die sich für ihre Kolleg:innen oder auch für gesellschaftliche Belange engagieren. Graswurzelinitiativen sind Initiativen, in denen Mitarbeiter:innen ihre Fähigkeiten und Kenntnisse ohne offiziellen Auftrag aus innerer Leidenschaft und Überzeugung in das berufliche Umfeld einbringen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ihr lernt neue Menschen kennen, könnt Eure Kompetenzen einbringen und neue entwickeln.

Tipp Nr. 3: So nutzt Ihr Euer Graswurzelengagement für Eure berufliche Entwicklung.
2020 übernahm ich die Leitung von GROW2GLOW. Das ging auch deshalb, weil sich die Einstellung meiner Führungskräfte zu meinem Engagement gedreht hatte. Lautete die Story anfangs noch: «Frau Adenau erfüllt ihre Aufgaben trotz ihres Engagements in der Coachinginitiative», änderte sich diese zu «Frau Adenaus Engagement in der Coachinginitiative trägt wesentlich zur Reputation unserer Abteilung im Konzern bei.» Noch etwas anderes passierte: Im Frühjahr dieses Jahres wollte unsere neue Personalvorständin eine Peer-Coaching-Initiative starten. Ratet mal, wem die Projektleitung angeboten wurde?

Zum Schluss ein kleines Geschenk

Wenn Ihr jetzt in Euren Korb schaut, dann müsstet Ihr dort eine kleine Flasche Klosterfrau Melissengeist finden. Die habe ich Euch hineingelegt. Warum? Um Euch daran zu erinnern: Nie wart Ihr so wertvoll wie heute!

TIPP:
Allen, die mehr über Graswurzelinitiativen wissen wollen, empfehle ich das Buch «Graswurzelinitiativen in Unternehmen: Ohne Auftrag – mit Erfolg!» sowie den Podcast «No 09: Coaching von Frauen für Frauen bei SIEMENS: Es braucht auch eine Bienenkönigin.»
Weblink

Die Autoren Alexander und Sabine Kluge gestalten mit ihrem Unternehmen Kluge+Konsorten digitale und kulturelle Transformationsvorhaben in Organisationen. Viele der im Buch vorgestellten Graswurzelinitiativen haben sie persönlich begleitet und beschreiben damit deren Erfolgsfaktoren nicht nur aus der beobachtenden, sondern auch aus der mitgestaltenden Perspektive.

Mein erster Lebens- und Bildungsweg führte mich von meinem kleinen Eifeldorf bis zur Kreisstadt. Mit 19 war ich ausgebildete Bankkauffrau – ich war am Ziel meiner beruflichen Träume angekommen! Doch da war so eine Sehnsucht in mir, eine Sehnsucht nach Lernen und Denken und Erfüllung.
Auf dem Köln-Kolleg holte ich mein Abitur nach. Neben der Schule zog ich durch Museen, gab mein ganzes Geld für Theater-, Ballett-, Konzertbesuche aus und lernte jede Menge aufregender Leute kennen. Weiter ging's nach München zum BWL-Studium. Erster Job in einer Unternehmensberatung.
9 Jahre später, verheiratet, Mutter einer 12 Monate alten Tochter, nach der Elternzeit den Job verloren, und wie von Zauberhand fand ich mich in einem Konzern wieder. Zweites Kind, Scheidung, alleinerziehend. Ein Wimpernschlag später: die Kinder aus dem Haus, den Job im Griff. Zeit, einen Gang zurückzuschalten. Oder ein Philosophiestudium zu beginnen.
Und so wandle ich derzeit auf dem dritten Bildungs- und Lebensweg. Manchmal hadernd ob der Kürze der Zeitspanne, die noch vor mir liegt. Manchmal zornig, wenn ich mal wieder die unsichtbare Altersdiskriminierung spüre. Und immer wieder neugierig, was mir diese spannende Phase von Mitte 50 bis Mitte 60 noch alles bringen wird. Darüber möchte ich schreiben. Meine Geschichten sollen eine Brücke bauen vom Ich zum Du, sie sollen Impulse geben, neue Perspektiven aufzeigen und zum Debattieren anregen.

Dagmar sagt:

Wunderbarer Artikel, der so vieles auf den Punkt bringt, liebe Gerda-Marie. Danke!

Katharina Braun sagt:

Well done!
There is a lot in your basket..
KB

Renate Stutz sagt:

Diesen Korb, den du erwähnst kann man auch mit Ideen, Wünsche & „finally“ Ziele nach dem Berufsleben erstellen …

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