Hey Alter!

Hey Alter!

Ein Donnerstag anfangs Februar 2022. Es ist schon spät am Abend, doch ich sitze immer noch in meinem Zigarrenlager, welches mir ein temporäres Obdach gibt. Heidi hat mich rausgeschmissen. Im Grunde bin ich ausgebüxt. Es ist nur eine Frage der Perspektive.

 

Meine Frau heisst Marie-Anne und ich liebe sie sehr. Immer. Fast immer. Bis auf die Donnerstagabende von Februar bis April. Das ist dann, wenn Heidi bei uns einzieht. Sie nimmt dann den 60 Zoll Bildschirm von Sony in Beschlag und quäkt über meine Sonos Soundleiste, dass sie sowieso kein Foto für mich hat. Heidi nimmt mir meine Familie weg. Für ein paar Stunden nur, aber das sind lange Momente, denn dank der Replay-Technik fangen die Girls erst gegen 21.15 Uhr mit Schauen an. So können sie die Werbung (noch) überspulen.

Ich halte die Klum nicht aus. Nicht nur ihre Stimme. Ihre Arroganz, mit der sie ihre Mädchen behandelt. Und die Tatsache, dass sie sich von Flavio Briatore hatte flachlegen lassen. Ihr denkt jetzt vielleicht: «Hey Andy, wenn Du bei Heidi eine Chance hättest…» Ich würde dankend ablehnen. Das Transferfenster ist geschlossen und ich fühle mich zu alt für einen neuen Club. Und wenn es bei Donnerstagabend bleibt, bleibe ich sehr gerne bei meinem aktuellen Verein.

Doch genau diese Frage hat mich motiviert, heute über das «Alter» zu schreiben. Nicht so wie Ihr denkt, sonst müsste ich es ja nicht schreiben. Ich setze mich ausschliesslich mit dem Nomen «Alter» und dessen Verwendung auseinander. Mit den positiven und negativen Konnotationen dieses Wortes. Es ist sowas wie eine Anleitung zum richtigen Gebrauch. Es ist wichtig, mehr darüber zu wissen, so können peinliche, unangenehme, ja sogar gefährliche Situationen vermieden werden.

Ich gebe zu, das ist eine etwas lange Einleitung: „Komm auf den Punkt Alter.“

«Aber ja doch!» Ich habe heute auf Watson gelesen, dass Heidi neu auch «Best Agerinnen» in den Ring schickt. Die 68-jährige Barbara, die 66-jährige Liselotte und die erst 50-jährige Martina. Ob sie die dann wohl auch «Meine Mädchen» nennt? Ich werde es nicht erfahren.

Doch genau diese Frage hat mich motiviert, heute über das «Alter» zu schreiben. Nicht so wie Ihr denkt, sonst müsste ich es ja nicht schreiben. Ich setze mich ausschliesslich mit dem Nomen «Alter» und dessen Verwendung auseinander. Mit den positiven und negativen Konnotationen dieses Wortes. Es ist sowas wie eine Anleitung zum richtigen Gebrauch. Es ist wichtig, mehr darüber zu wissen, so können peinliche, unangenehme, ja sogar gefährliche Situationen vermieden werden.

Kleiner Einschub:

Apple Music schlägt mir übrigens grad vor, mir doch beim Schreiben das Remaster des neuen Albums «Beatles Rooftop» von 1969 in London reinzuziehen. Vor was die Jungs aus Liverpool wohl damals geflüchtet sind? Heidi war da noch gar nicht geboren.

Reana.Design, Beatles

Also, der Einsatz des Begriffes «Alter» ist gut, wenn:

  • Du Deinem Freund begegnest, er Dir wohlwollend auf die Schulter klopft und Dich mit «Hey Alter» begrüsst. Damit meint er nicht Dein tatsächliches Alter, sondern Eure langjährige Freundschaft.
  • Der Wein, der Whisky, die Zigarre, das Beef oder der Käse grad das richtige Alter haben, um genossen zu werden.
  • Du trotz fortgeschrittenem Alter noch Dinge tun kannst, die Du in jungen Jahren eh nicht wolltest.
  • Du «Alter vor Schönheit» richtig anwendest. Heisst: Du machst etwas, und die Schönheit profitiert davon. Umgekehrt klappt’s nur, wenn Du ihr den Vortritt gewährst (bei etwas Angenehmen).
  • Du sagst: «Dass ich das in meinem Alter noch erleben darf.»
  • Du Dich mit Deinem längst abgefunden hast.

Die Verwendung des Wortes «Alter» ist nicht gut, wenn:

  • Du nach Hause kommst und schon im Hauseingang rufst: «Hey Alter!»
  • Schon fast lebensgefährlich wird es, wenn Du die weibliche Form verwendest.
  • Du Deinen Freund erschrocken anschaust und meinst: «Hey Alter, siehst Du heute Scheisse aus.» Vor der weiblichen Form warnt sogar die WHO.
  • Du die Einleitung «In Deinem Alter…» benutzt. Dieser Satz kann gar nicht in ein positives Momentum gedreht werden. Aber vielleicht willst Du das ja gar nicht.
  • Du die Frage stellst, z.B. an Heidi, «Welches Alter hat denn der Flavio? Oder noch raffinierter: Der Tom?»
  • Du jammerst «Mein Alter hat das zeitliche gesegnet» und Du nicht den Thermomix oder den Vibrator meinst (letztere Beiden zu verlieren, wäre allerdings auch irgendwie blöd).
  • Du Dich rausredest: «Das hat wahrscheinlich mit meinem Alter zu tun.»
  • Du sagst: «Dass ich das in meinem Alter noch erleben muss.»
  • Du Dich mit Deinem umsverrecken nicht abfinden kannst.

Und jetzt?

Ich schlage vor, ihr übt nun ein paar Mal mit Menschen, an denen Euch überhaupt nichts liegt, bevor ihr das eine oder andere Mal den Begriff «Alter» in eine Konversation mit Euch Nahestehenden einflechtet.

Das Alter ist die Zeitspanne zwischen der Geburt und dem Tod. Soooo lange ist das ja leider nicht. Und genau deshalb ist es wichtig, gegenüber seinen Mitmenschen dieses Wort sorgfältig, verantwortungsvoll und nicht inflationär einzusetzen.

So, es ist nun fast 23.00 Uhr, der «Alte» macht sich langsam auf den Heimweg zu den Damen. Heidi ist nun stumm. Und ich kucke mit meiner «A…ngehimmelten» noch eine Folge «Dexter». Alter Schwede, wie kann man einen Serienkiller sympathisch finden. Hat wahrscheinlich mit meinem Alter zu tun.

Tschühüss!

Euer Andy

PS: Kann ja sein, dass Ihr Euch nun fragt: «Was genau will der mir damit sagen?» Ich gebe Euch gerne einen letzten Tipp: Ruft bei Unsicherheit unbedingt die Telefonnummer «161» an. Ihr entscheidet dann selbst, wie lange Ihr Euch mit dieser Frage noch auseinandersetzen wollt – oder könnt.

Illustrationen:
Reana.Design, Heidi / altes Mädchen / Beatles / Käse

Hansdampf in allen Gassen und am See. In einer eher kleinen Stadt im Aargau aufgewachsen, lebe ich nun nach meiner Flucht via die grosse Stadt am Zürichsee in «Ermatingen. Dem langweiligsten Ferienort der Schweiz». Verzeiht, aber es gefällt mir hier, unter anderem deshalb, weil es nur 45 Minuten weg von Zürich liegt.

Man hatte mich in der Metropole für verrückt erklärt, dass ich meine Karriere als Werbefuzzi an den Nagel hänge, um mit meiner Frau ein Hotel am Bodensee zu eröffnen. Man hält mich aber auch in Ermatingen immer noch für einen Spinner, weil ich dem Dorf den Slogan siehe oben verpasste. Nun; hätten sie mich eben nicht in den Vorstand des Tourismusvereins wählen sollen.

Ein wenig stolz waren sie allerdings, dass meine Erfindung, das «Panorama Knife», hier geboren wurde – unter uns: auf dem Weg nach Zürich. Neun Jahre Hotel und parallel neun Jahre Messer waren dann für meine Frau und mich genug Grund, eine Auszeit zu nehmen.

Um dann ab Mitte 2020 in neue Projekte zu investieren. Heute kümmert sich unsere Familie um drei KMUs, nähere Infos dazu gibt es unter www.hostaulac.ch.

Ich werde also genug Stoff für meine Blogs finden. Auch dass man sich im Alter von 50 oder gar 60 Jahren durchaus komplett neu erfinden darf.

Peach sagt:

Andy bloggt.

Besser als singen. https://www.youtube.com/watch?v=zUGmJLjs0FY

Andy Hostettler sagt:

Thurgau, Aargau – Hauptsache; Gau – gäll Peach. Allerdings wäre das tatsächlich ein Supergau, wenn ich auch noch mit Singen anfangen würde. 😎

Esther sagt:

Habe herzhaft lachen müssen. Nun, lieber Andy Hostettler – gehst Du davon aus, dass es nur Männer betrifft, wenn die Heidi den Bildschirm besetzt. Ich mag sie z.B. auch nicht. Und wenn mein Mann Fussball schaut – und dies das ganze Jahr!, dann ziehe ich mich auch zurück. Gut habe ich ein paar mitfühlende Freundinnen. Die Zeichnungen sind cool gemacht. Gruss aus Spiez.

Andy Hostettler sagt:

Hi Esther, zumindest in unserem Haushalt betrifft es nur Männer. Der Hund verschwindet jeweils im Garten, der Kater in den oberen Stock und ich zu meinen Zigarren in die Mini-Lounge im Büro/Lager. Merci für Deinen Kommentar 🤗

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