Luxus – Gut. Teil II.
Was bisher geschah: Andy Hostettler deklarierte seine Definition von Luxus im Teil I und stellte die Hypothese auf, dass Luxus jedem passieren kann. Er findet Luxus gut, wenn dieser zu einem Lustgewinn führt. Seine sehr subjektive Beweisführung setzt er im Teil 2 fort.
Beweis 3: Untere Oberschicht
Wie in Teil I schon erklärt, meinte es die Wirtschaft trotz meiner Herkunft gut mit mir und um es etwas abzukürzen: Es kam die Epoche, in der ich Mitbesitzer einer Werbeagentur und einer recht teuren Immobilie mitten in der grossen Stadt war, mit deren Verkauf ich dann Mitbesitzer eines Hotels (dem Ermatingerhof am Bodensee) und drei Häusern gleich nebenan wurde. Ich machte Ferien im Hotel Tschuggen in Arosa (****** meinen die) und schwenkte meinen Hintern im SPA von Mario Botha. Ich nannte sieben Uhren (und ich trage nicht mal gerne Uhren), drei Autos (darunter einen Oldtimer) und ein Boot (9m mit Kabine) mein Eigen. Es gab Zeiten, da machte ich auf einer Frankreich-Rundreise nur in «Relais Châteaus» halt und zwar nur in denen, die einen Aussenpool hatten und in der Nähe eines Golfplatzes lagen. «Guide Michelin» hiess mein Reiseführer.
Ich dachte keine Sekunde daran, gegenüber irgendwem ein schlechtes Gewissen zu haben, denn die «Batzen» waren hart und ehrlich verdient, und ich genoss das Leben zu jedem Zeitpunkt. Selbstverständlich war das alles nicht notwendig, aber gemäss meiner Definition ein «lustgewinnbringender» Luxus. Also ok.
Mit 52 hatte ich dann einen Einfall, der im Grunde jede und jeder hätte haben können. Statt des regulären Wellenschliffs erfand ich Brotmesser, deren Schliff aus Bergspitzen bestand. Die entsprechenden Gipfelnamen hatte ich zudem auf die Klingen lasern lassen und nannte dies fortan «PanoramaKnife». Ich leistete mir den Luxus, das ganze frei verfügbare Kapital in den Aufbau dieser neuen Marke zu stecken und verabschiedete mich aus dem klassischen Agenturleben. Wer nun jedoch meint, dadurch wäre ich noch stinkreicher geworden, irrt.
Beweis 4. Zurück in die Mittelschicht.
Die Selbständigkeit die durch das Hotel (das vor allem meine Frau Marie-Anne führte) und durch das PanoramaKnife möglich wurde, war vermutlich der grösste Luxus, den ich mir (wir uns) je leistete. Er hatte auf alle Fälle am meisten gekostet. Der Kapitalbedarf ist enorm, vor allem wenn etwas so schnell wächst, wie es das Messer tatsächlich tat. Wir haben unsere Freiheit gewonnen, aber das regelmässige Einkommen verloren.
Die Unabhängigkeit brachte ein Downsizing mit sich. Die Autos wurden weniger, das Boot kleiner, die Ferien wurden kürzer, Hotels hatten nur noch 3 oder 4 Sterne und überhaupt war Airbnb cooler und günstiger.
Nach knapp zehn Jahren Ermatingerhof und «PanoramaKnife» war dann der Erfolg auf ein Maximum gestiegen und der «Lustgewinn» auf ein Minimum gesunken. Wir verkauften beide Geschäftsfelder und die Hotelliegenschaft. Übrigens gerade noch rechtzeitig vor dem Virus.
Ich besass noch eine kleine Schreinerei, die vor allem Schneidebretter fürs PanoramaKnife produzierte. Zusammen mit der Familie entschieden wir uns, sie nicht zu schliessen, sondern eine neue Marke zu lancieren: «NaniManu Designmanufaktur». Das war auch wieder eine «Lustentscheidung» und zwar von allen vier Teilhaberinnen und Teilhabern. Meine Tochter Reana, ihr Mann Jan, meine Frau Marie-Anne und ich gönnten uns den Aufbau einer neuen Marke in der wohl heikelsten Zeit in diesem Jahrtausend. Erst seit diesem (dritten) Jahr legen wir nicht drauf, aber wir zahlen uns noch keine Löhne. Luxus pur! Und alle Vier müssen zur Abdeckung ihrer laufenden Kosten und allfälligen weiteren «Lustgewinnen» noch einem anderen Broterwerb nachgehen. Ich leistete mir vor einem Jahr den Luxus eines Zigarren- und Pfeifen-Onlineshops und Marie-Anne hatte mitten im Lockdown einen coolen Laden in Konstanz eröffnet. Das Fachl. Wir haben nun zu zweit ein Einkommen auf Stufe Sekundarschullehrer/Lehrerin. Also leicht über dem Median für eine Person im Kanton Zürich. Wir hatten noch nie so viel gearbeitet und es ging uns noch nie so gut.
Abschliessend meine 3. Hypothese:
«Luxus ist das ‚Rüebli‘, das den Menschen antreibt, mehr zu tun als nötig.»
Und deshalb darf er sich auch mehr gönnen als er tatsächlich braucht. Wer nichts tut, hat Luxus nicht verdient, denn das Nichtstun ist schon Luxus genug. Ist das jetzt zu philosophisch? Mir doch egal, diese Haltung leiste ich mir!
Ernsthaft: Luxus ist der Treiber der Wirtschaft. Nicht nur im westlichen Kapitalismus. Das Entstehen einer Mittelschicht in China hat vermutlich mehr zum Erfolg der Schweizer Uhrenindustrie beigetragen als die Boni der Bankergilde.
Und wo bleibt die Moral? Niemand, der sich seine Moneten auf legale Weise erarbeitet oder geerbt hat, ist dafür zu verurteilen, wenn er das Leben in vollen Zügen (oder mit grossen Autos) geniesst und das Geld mit vollen Händen dem ökonomischen Kreislauf wieder zufügt. Auch Neid ist deshalb völlig unangebracht, wenn auch hin und wieder verständlich.
Das «Ichmöchteauch-Syndrom» ist absolut menschlich und spornt einen guten Teil der Bevölkerung an, hin und wieder selbst einen «Lustgewinn» einzufahren.
In den meisten Fällen geht es dabei «nur» um die kleinen Ziele, die man sich setzt, die Wünsche, die man hat, die Freude an Neuem, an Abwechslung; seien dies Besitztümer oder Erlebnisse. Übrigens: Die Erinnerung an einen guten Moment ist auch ein Besitztum. Und erst noch eine, die nur Dir gehört… Wow! So ein Luxus!
Oder andersrum formuliert: Wer nicht ab und zu aus dem Alltäglichen ausbricht und sich ein Stück Luxus gönnt, hat meiner Meinung nach resigniert: «Da kommt nichts mehr!»
Aber sicher kommt’s. Oder es ist schon da. Und Sie merken es einfach nicht, weil Sie sich an den Luxus bereits gewöhnt haben.
Hmmm…
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You look like a Hill-Billy – you should be selling Moonshine !
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