ICH SPRÜH'S AN JEDE WAND: NEUE ARBEITSMODELLE BRAUCHT DAS LAND!

ICH SPRÜH’S AN JEDE WAND: NEUE ARBEITSMODELLE BRAUCHT DAS LAND!

Sie sind gut ausgebildet, wahnsinnig klug, ehrgeizig, voller Ideen und Kreativität und trotzdem arbeiten sie als Teilzeit-Sekretärin oder in einer Boutique auf Abruf. Was sie gemeinsam haben? Sie sind Mütter.

Hey, ich will auch gar nichts gegen den Beruf der Sekretärin oder der Boutique Angestellten sagen, der hat sicher seine spannenden Seiten. Nur frage ich mich, wieso sind genau diese Frauen, die noch, bevor sie geboren haben, die Welt erobern wollten, genau nach dem Kinderkriegen diejenigen, die sich mit so wenig zufrieden geben? Weswegen sind viele Frauen nach der Geburt so schnell bereit, ihr hart errungenes Berufs-Zukunftsmodell aufzugeben?

Viele haben einen Mann, der weiter die Karriere hinaufklettert und auch entsprechend verdient. Also können sie sich ganz der Aufzucht widmen. Dabei kommt ihr ökonomisch wertvolles Wissen einfach nicht mehr zum Gebrauch. Und das, nachdem sie auf vieles während des Studiums resp. der Ausbildung verzichtet haben.

Schnell ist man versucht zu sagen, Frauen wollen einfach zu wenig, sie sind, sobald ein Kind im Anmarsch ist, hormontechnisch nur noch auf eines ausgerichtet: die Familie.

 

Ist es so einfach? Sind wir Frauen zu wenig gewillt, Karriere auf Kosten unserer Familie zu machen?

Nein. Sind. Wir. Nicht.

Strukturelle Modelle in der Wirtschaft sind oft nicht kompatibel mit dem Spagat Beruf und Familie. Toll, wir haben Vaterschaftsurlaub. Nur wenige Grossunternehmen investieren langfristig in Mütter. Krippen für Kinder der Angestellten? Eine Rarität. Dabei wäre der return of investment eine Kostenstelle wert.

Es ist immer ein Entweder-oder – oder ein Kompromiss, der sich darin manifestiert, dass Berufe gewählt werden, die ins Familienprogramm passen. So geht nicht nur der Wirtschaft grosses Potenzial verloren, sondern auch der beruflichen Weiterentwicklung der Mütter, die spätestens dann, wenn ihre Kinder aus dem Gröbsten raus sind, stagniert.

Der Versuch, mit Quoten dagegen anzugehen, ist eine Möglichkeit. Eine weitere wäre, Jobsharing resp. Teilzeitmodelle auch in Management Berufen einzuführen. Nicht nur Mütter hätten dadurch die Möglichkeit zu profitieren, sondern auch Väter, die gerne mehr Zeit mir ihren Kindern verbringen würden. Warum ist die Chefetage immer noch Tabu in Sachen Arbeitsteilung?

Das Argument, dass es eine Ansprechperson braucht, um Entscheidungen von grosser Tragweite zu fällen, erachte ich als Klumpenrisiko. Eine Frau und ein Mann, die sich eine Leiterfunktion teilen, wären doch eine durchaus bereichernde und umsichtige Variante, zumal verschiedene Aspekte und Sichtweisen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen würden. Dito in Verwaltungsratsgremien. Wir reden zu Recht über Inklusion und Diversität, vernachlässigen dabei aber, dass auch der wichtige und schon lange andauernde K(r)ampf kein Nebenschauplatz ist und Hand in Hand mit Gleichstellung geht – die finanzielle Unabhängigkeit der Mütter!

Weswegen scheuen sich Unternehmen vor einem solchen Schritt profitieren aber bei Muttertag Aktionen (um nur eines zu nennen) vom wirtschaftlichen Potenzial der Mütter?

Weswegen ist es immer noch eine Steuerstrafe, wenn man heiratet?

Es kann doch nicht sein, dass wir Frauen immer noch vor der Wahl stehen, ob sich das Arbeiten nebst Haushalt und Kindererziehung lohnt und dies auch in finanzieller Hinsicht! Bedauerlicherweise zieht ein solcher Entscheid mit der heutigen Ehepartner Besteuerung auch direkte Konsequenzen auf die Steuerprogression und die Kosten einer auswärtigen Betreuung nach, welche sich oftmals nach dem gemeinsamen Einkommen richtet.

Immer noch gilt es abzuwägen, ob es sich lohnt, einen Job, der nicht mal das Ausbildungsprofil erfüllt, anzunehmen. Vor allem auch in Bezug auf die daraus resultierenden Mehrkosten. Eine Bekannte von mir hat ausgerechnet, dass pro Franken, den sie verdient, die Hälfte, also 0,50 Rappen, an die gemeinsamen Steuern und an die Tagesstätte für das zu betreuende Kind geht. Und das für einen Teilzeitjob, für den sie eindeutig überqualifiziert ist.

So mutiert die Nebenbeschäftigung einer Familienfrau schnell zum netten Hobby, das man kultiviert, um ein bisschen unter die Leute zu kommen…

Ich finde es schrecklich, wenn Mütter gefragt werden: „arbeitest du noch?“, als wäre Kinderbetreuung keine Arbeit. Wenn wir schon Gendern und schöne Sternli setzen, dann bitte auch konsequent im echten Leben und nicht nur als Lippen oder Tastaturbekenntnis. Mütter arbeiten 24/7 und das zu einem Lohn, der  keineswegs dem wirtschaftlichen Standart entspricht. Auch Pensionsguthaben sind bei Frauen generell kleiner. Die finanzielle Ungerechtigkeit in der Verteilung muss in der Politik aber auch in Unternehmen mit berücksichtig werden.

Nicht nur müssen Firmen (vor allem Grossunternehmen) anfangen, Kinderbetreuung anzubieten, sondern sie müssen auch damit anfangen, sich Gedanken über ihre Führungskultur zu machen. So ist auch gewährleistet, dass das ursprünglich investierte Geld während der Ausbildung oder des Studiums wiederum in den Arbeitsmarkt einfliesst. Zudem verliert eine gut ausgebildete Frau damit nicht den Draht zur Arbeitswelt und hat die Möglichkeit, ihr Pensum dann zu erhöhen, wenn die Familienplanung abgeschlossen ist und sie nicht mehr in der ursprünglichen Form als Mutter und Familienorganisatorin gebraucht wird.

Erschwerend wirkt auch der Umstand, dass im Bereich sogenannter «hoch qualifizierter» Beschäftigung die Teilzeit schlechter angesehen ist. Den Frauen bleibt hier häufig nur die Varianten «raus aus dem Job» oder Vollzeit arbeiten und dafür organisatorischen Stress und Kosten auf sich zu nehmen. Vom schlechten Gewissen ganz zu schweigen.

Arrangements und Kompromisse muss Frau sowieso eingehen, es fragt sich nur, in wie weit diese ihr wirtschaftliches Dasein tangieren, schliesslich sind Frauen heute auch darauf konditioniert, bei einer allfälligen Scheidung sich und die Kinder grösstenteils selber durchzufüttern. Und dies ist mit einem Teilzeitjob ohne Perspektiven ein äusserst schwieriges und wahnsinnig unbefriedigendes Unterfangen.

Bei allem Verständnis, seine Kinder nicht ausschliesslich fremdbetreuen zu lassen – irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo als Mutter ein anderes Pensum gebraucht wird, und wenn man dann als gut ausgebildete Fachkraft 15 Jahre irgendeinen Teilzeitjob gemacht hat, wird es schwierig, wieder Fuss auf dem ursprünglichen Niveau zu fassen.

Deshalb dürfen wir uns nicht mit weniger zufrieden geben. Je mehr wir fordern, desto mehr erhalten wir auch.

Ich bin aus Zürich, habe zwei erwachsene Kinder und bin besessen von Spaghetti. Was aber nicht heisst, dass ich mir glattes Haar wie die Nudel wünsche. Shampoos für lockiges Haar, die mit «für undiszipliniertes Haar» etikettiert werden, boykottiere ich aus Prinzip!

Beruflich habe ich schon auf diversen Hochzeiten getanzt, sei es als Stylistin, Bloggerin, bei Tele Züri in der Runde von Boser & Böser und zuletzt als PR-Managerin für die Schweiz in einem der grössten Kosmetikunternehmen.

Inkorporiert habe ich viel gelernt, endlich mal anständig verdient, dabei aber mich selbst vermisst. Jetzt wandle ich wieder auf meinen ursprünglichen Pfaden – dem fidelen Schreiben auch unangenehmer Themen und das ohne falsche Scham, ganz nach dem Motto: Alter schützt vor Sex nicht.

Anya Vanek sagt:

Absolut einverstanden.
In Frankreich, mit seiner flächendeckenden Kinderbetreuung ab sehr jungem Alter ist es übrigens absolut selbstverständlich, dass Mütter Vollzeit wieder arbeiten. Es ist im Gegenteil sehr schwierig, Teilzeitstellen zu finden.
Ich kenne leider keine Statistik, welche Geschlechterteilung in Frankreich in den unterschiedlichen Hierarchiestufen vorliegt.

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